Notiz
Hatte man vordem vielen vergeblichen Scharfsinn an die Entscheidung der Frage gewand, ob die Photographie eine Kunst sei - ohne die Vorfrage sich selbst gestellt zu haben: ob nicht durch die Erfindung der Photographie der Gesamtcharakter der Kunst sich verändert habe - so übernahmen die Filmtheoretiker bald die entsprechende voreilige Fragestellung.
(...)
Es ist sehr lehrreich zu sehen, wie das Bestreben, den Film der "Kunst" zuzuschlagen, diese Theoretiker nötigt, mit einer Rücksichtslosigkeit ohnegleichen kultische Elemente in ihn hineinzuinterpretieren.
(...)
Dem Film kommt es viel weniger darauf an, daß der Darsteller dem Publikum einen anderen, als daß er der Apparatur sich selbst darstellt.
(...)
"Der Filmdarsteller", schreibt Pirandello, "fühlt sich wie im Exil. Exiliert nicht nur von der Bühne, sondern von seiner eigenen Person. Mit einem dunklen Unbehagen spürt er die unerklärliche Leere, die dadurch entsteht, daß sein Körper zur Ausfallerscheinung wird, daß er sich verflüchtigt und seiner Realität, seines Lebens, seiner Stimme und der Geräusche, die er verursacht, indem er sich rührt, beraubt wird, um sich in ein stummes Bild zu verwandeln, das einen Augenblick auf der Leinwand zittert und sodann in der Stille verschwindet... Die kleine Apparatur wird mit seinem Schatten vor dem Publikum spielen; und er selbst muß sich begnügen, vor ihr zu spielen." Man kann den gleichen Tatbestand folgendermaßen kennzeichnen: zu ersten Mal - und das ist das Werk des Films - kommt der Mensch in die Lage, zwar mit seiner ganzen lebendigen Person aber unter Verzicht auf deren Aura wirken zu müssen. Denn die Aura ist an sein Hier und Jetzt gebunden. Es gibt kein Abbild von ihr.
(Walter Benjamin - Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit)
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Die letzte Entwicklung sieht Arnheim 1932 darin, "den Schauspieler wie ein Requisit zu behandeln, das man charakteristisch auswählt und ... an der richtigen Stelle einsetzt."
(...)
Wenn der Schauspieler zum Requisit wird, so fungiert auf der anderen Seite das Requisit nicht selten als Schauspieler. Jedenfalls ist es nichts Ungewöhnliches, daß der Film in die Lage kommt, dem Requisit eine Rolle zu leihen. Anstatt beliebige Beispiele aus einer unendlichen Fülle herauszugreifen, halten wir uns an eines von besonderer Beweiskraft. Eine in Gang befindliche Uhr wird auf der Bühne immer nur störend wirken. Ihre Rolle, die Zeit zu messen, kann ihr auf der Bühne nicht eingeräumt werden.
(Walter Benjamin, ebd.)
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Es ist sehr lehrreich zu sehen, wie das Bestreben, den Film der "Kunst" zuzuschlagen, diese Theoretiker nötigt, mit einer Rücksichtslosigkeit ohnegleichen kultische Elemente in ihn hineinzuinterpretieren.
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Dem Film kommt es viel weniger darauf an, daß der Darsteller dem Publikum einen anderen, als daß er der Apparatur sich selbst darstellt.
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"Der Filmdarsteller", schreibt Pirandello, "fühlt sich wie im Exil. Exiliert nicht nur von der Bühne, sondern von seiner eigenen Person. Mit einem dunklen Unbehagen spürt er die unerklärliche Leere, die dadurch entsteht, daß sein Körper zur Ausfallerscheinung wird, daß er sich verflüchtigt und seiner Realität, seines Lebens, seiner Stimme und der Geräusche, die er verursacht, indem er sich rührt, beraubt wird, um sich in ein stummes Bild zu verwandeln, das einen Augenblick auf der Leinwand zittert und sodann in der Stille verschwindet... Die kleine Apparatur wird mit seinem Schatten vor dem Publikum spielen; und er selbst muß sich begnügen, vor ihr zu spielen." Man kann den gleichen Tatbestand folgendermaßen kennzeichnen: zu ersten Mal - und das ist das Werk des Films - kommt der Mensch in die Lage, zwar mit seiner ganzen lebendigen Person aber unter Verzicht auf deren Aura wirken zu müssen. Denn die Aura ist an sein Hier und Jetzt gebunden. Es gibt kein Abbild von ihr.
(Walter Benjamin - Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit)
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Die letzte Entwicklung sieht Arnheim 1932 darin, "den Schauspieler wie ein Requisit zu behandeln, das man charakteristisch auswählt und ... an der richtigen Stelle einsetzt."
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Wenn der Schauspieler zum Requisit wird, so fungiert auf der anderen Seite das Requisit nicht selten als Schauspieler. Jedenfalls ist es nichts Ungewöhnliches, daß der Film in die Lage kommt, dem Requisit eine Rolle zu leihen. Anstatt beliebige Beispiele aus einer unendlichen Fülle herauszugreifen, halten wir uns an eines von besonderer Beweiskraft. Eine in Gang befindliche Uhr wird auf der Bühne immer nur störend wirken. Ihre Rolle, die Zeit zu messen, kann ihr auf der Bühne nicht eingeräumt werden.
(Walter Benjamin, ebd.)
M_F - 2008-07-31 19:38
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